Für das Leben: Neue Skulptur auf jüdischem Friedhof in Ückesdorf festlich eingeweiht

Nach zwei Jahren Planung ist jetzt am Sonntag die Skulptur „Grenzstein des Lebens“ in der Trauerhalle des jüdischen Friedhofs in Bonn-Ückesdorf eingeweiht worden. Das Kunstwerk wurde ermöglicht durch eine Spendenaktion der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Bonn und gibt der bislang ganz schlichten Halle nun ein Gesicht.

Kunst für die Ewigkeit im Augenblick der Enthüllung auf dem Jüdischen Friedhof in Bonn-Ückesdorf: Superintendent Dietmar Pistorius (v.l.), Dieter Rübsamen, Dr. Margaret Traub und Dr. Elmar Struck (Foto: Joachim Gerhardt)

Superintendent Dietmar Pistorius: „Für die Zukunft jüdischen Lebens in Deutschland“

Für die Bonner Superintendenten Dietmar Pistorius steht das Werk „auch für die Zukunft jüdischen Lebens in Deutschland“ und ist „Ausdruck der engen Verbundenheit unserer Stadtgesellschaft mit der Jüdischen Gemeinde Bonn“. Friedhöfe seien „Orte des Lebens“ und der Respekt vor den Toten spiegele den Respekt vor dem Leben wider. Die Vorsitzende der Bonner Synagogengemeinde Margaret Traub dankte für alle Unterstützung, die der kleinen jüdischen Synagogen-Gemeinde in Bonn immer gut täte.

Viele private Spenden

Bei der öffentlichen Zeremonie waren neben Superintendent Pistorius und Margaret Traub auch die Vorsitzenden und weitere Vertreter der Christlich-Jüdischen Gesellschaft dabei. Diese hatten Anfang 2022 eine Spendenaktion für das Kunstwerk initiiert und innerhalb weniger Monate die erforderliche Summe von 9.000 € von vielen privaten Spendern eingesammelt. Elmar Struck, der katholische Vorsitzende der Gesellschaft, hofft, dass das Kunstwerk vielen Menschen in der Trauer „Trost und Lebensgewissheit vermittelt, auf die Menschen angewiesen sind, über alle Glaubens- und Religionsgrenzen hinweg“.

Der vom Steinmetz Alois Schüller aufgestellte über 2,50 Meter hohe Granitblock wurde vom Bonner Künstler Dieter Rübsaamen gestaltet: eine Seite des Steins wurde bewusst herausgebrochen, um sinnbildlich zu zeigen, dass etwas fehlt. Dieser Stein ist zudem mit einem vom Glaskünstler Georg Linden angefertigten Glas-Inlett in der Form einer Thora-Rolle versehen. Die beeindruckende Skulptur dient der Innenraumgestaltung der 2019 errichteten Trauerhalle der jüdischen Gemeinde in Bonn. Auf dem 1996 neu eingerichteten jüdischen Teil des Ückesdorfer Friedhofs am Götgesbach befinden sich derzeit etwa 100 Gräber.

Hier das Grußwort von Superintendent Pistorius im Wortlaut: Grußwort Einweihung Gedenkstein jüdischer Friedhof in Ückesdorf

ZUM KUNSTWERK: GRENZSTEIN DES LEBENS – DER ANFANG IM ENDE

Die Skulptur, entstanden 2022, ist Teil der SCHRIFT-BILD Werkgruppe „Jenseits der Worte – vom Bewusstsein, dass etwas fehlt und der Erfahrbarkeit unsichtbarer Prozesse“ des in Bonn lebenden Künstlers Dieter Rübsaamen. Benutzt wurde eine rohe Granitblockkruste, unvollkommen und mit bewusstherausgebrochenem Steinelement. Dadurch entsteht eine Leerstelle (ca. 2,70x 1,50×0,30Meter). Der Stein ist mit einem Glas-Inlett in Form einer Tora-Rolle versehen. Der Glasblock enthält ineinanderfließende Farbfelder, die Assoziationen zu einer Zeitabfolge zulassen: ein festgehaltener Moment einer zeitlichen Abfolge-Genesis. Im lichten Himmelblau sind hebräische Schriftzeichen unter Bezug auf das Ewige und das Einzigartige angebracht.

Dieter Rübsaamen, künstlerische Gestaltung des Werks über eine Welt, in der-im Judaismus- „Worte keinen Platz haben“, über die Unsagbarkeit des Todes.“ Der Tod existiert jenseits der Worte „(Delphine Horvilleur, – Mit den Toten leben). „Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen“ Ziffer 7 aus dem Tractatus von Ludwig Wittgenstein. 7. TLP.

Alois Schüller, Steinmetz und Bildhauermeister,Steinmetzarbeiten
Georg Linden, Glasmachermeister, Meisterdesigner, Glasblock- Inlett

Die Initiative für die Innengestaltung der von der Synagogengemeinde 2019 errichteten Trauerhalle ging von der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Bonnaus; der Dank gebührt den großzugigen Spendern, die das Werk mitfinanziert haben.

(23.10.2022 / Text: Bettina Citron/Joachim Gerhardt)

  • 24.10.2022
  • Red
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